Schlössle
Das Ortsbild von Oberlenningen wird wesentlich geprägt vom "Schlössle", das sich auf einer Anhöhe oberhalb der Lauter über dem alten Ortskern erhebt. Das Gebäude wurde im Jahr 1983 von der Gemeinde Lenningen erworben, um es als historisches Gebäude und Kulturdenkmal zu erhalten. In den folgenden Jahren wurde das Schlössle mit erheblichem Aufwand renoviert und restauriert. 1992 konnte es dann seiner neuen Bestimmung übergeben werden: Im 1. Stock befindet sich seitdem die Gemeindebücherei und im 2. Stock das "Museum für Papier- und Buchkunst".
Nicht ohne Grund wird das Schlössle als "denkmalpflegerischer Glücksfall" bezeichnet. Es wurde in den Jahren 1593 - 1596 von den Herren Schilling von Cannstatt erbaut und stellt einen charakteristischen Ortsadelssitz des späten Mittelalters dar. Eine denkmalpflegerische Rarität ist das Gebäude, weil es nach seiner Entstehung nie grundlegend umgebaut oder verjüngt wurde und deshalb noch überraschend viel von seiner ursprünglichen Ausstattung zeigt.
Hausmuseum im Lenninger Schlössle
Im Oberlenninger Schlössle ist im vorderen Gewölbekeller das "Hausmuseum" eingerichtet. Es zeigt Zufallsfunde, die bei der Renovierung des 400 Jahre alten Renaissancebaus zutage kamen. Es handelt sich meist um Abfall. Denn Jahrhunderte lang entsorgten die Bewohner des Fachwerkbaus ihren Müll auf die damals übliche Weise: Sie warfen ihn in die Abortfallgrube, vergruben ihn im Keller oder stopften ihn durch die Löcher der stark abgetragenen Fußbodendielen in die Hohlräume über den Kellergewölben. Einiges verschwand unfreiwillig in den Bodenritzen. Mancher Unrat wird auch wohl die Lauter hinunter geflossen sein. Eine geregelte Müllabfuhr gibt es erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts in den Städten.
Bisher waren die Funde nur zum Teil und nur in ungenügender Weise ausgestellt. Eine 3000 Euro-Spende des Förderkreises Schlössle erleichterte dem Lenninger Gemeinderat den Entschluss, der Museumseinrichtung mit einem Gesamt-Kostenaufwand von 10.000 Euro zuzustimmen. Als idealer Ort für die Präsentation fand sich der rechte Kellerraum im UG des Schlössle, welcher bisher nur unzureichend genutzt war. Nach Neueinrichtung mit dem nötigen Mobiliar und Vitrinen wurde ein Fachmann mit Auswahl und Einrichtung des Hausmuseums beauftrag. Der Restaurator Erwin Raff wählte im Sommer 2005 aus den Funden die Ausstellungsobjekte aus und ordnete sie thematisch in den einzelnen Vitrinen - anschaulich und übersichtlich mit knappen Beschreibungen.
Reste von Bau - und Gebrauchskeramik bilden den größten Bestand. Alle anderen Funde stehen hinter dieser Materialgruppe naturgemäß zurück. Der Restaurator hat aus den Fragmenten so ausgewählt, dass ein möglichst breites Spektrum von Objekten über den Alltag von damals erzählt. Ein Hauch vom ehemaligen Adelssitz haftet den Butzenscheiben in den alten Bleifassungen an, ebenfalls die Reste der üppig verzierten grün glasierten Ofenkacheln mit herzoglichen Wappen. Die zahlreichen Scherben der handwerklich hergestellten Hafnerware weisen auf die Typenvielfalt hin. Die Töpferware diente der Vorratshaltung sowie als Koch- und Essgeschirr. In den verschieden großen Schüsseln wurden die Speisen zubereitet und so auf den Tisch gebracht. Daraus aß man gemeinsam. Andere Scherben geben Einblick in vergessene Bräuche. Es sind Deckel von Nachgeburtstöpfen ausgestellt. Die Nachgeburt so würdig zu bestatten, war bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts üblich. Eine mit Draht zusammengeflickte Abdeckhaube für das Feuerloch weist auf das sparsame Haushalten hin. Äußerst mager war die Ausbeute der Kleinfunde an Glasscherben. Hausrat aus Glas war teuer und rar.
Im Katasteramt sind 1823 ein Seiler, ein Weber, ein Schuster und ein Schneider als Eigentümer des einst adeligen Hauses verzeichnet. Diese Handwerkerfamilien hatten auch noch Anteile an den dazugehörigen Scheuern und Nebengebäuden und verfügten über Baum - und Grasgärten. So lässt sich daraus schließen, dass sie eine bescheidene Landwirtschaft betrieben. Was mögen die Familien aus der gemeinsamen Schüssel gelöffelt haben? Tierknochen zeigen, dass zwar Fleisch auf den Tisch kam. Jedoch sind die gefundenen Mengen für die langen Zeiträume recht gering. Eier- und Muschelschalen und über hundert Schneckengehäuse lagen unter den Böden. Schnecken in einer sauren Brühe sei ein typisches Fastenzeitessen gewesen. Die tägliche Nahrung wurde zumeist aus den Früchten des Ackers, Linsen, Bohnen, Erbsen gekocht und dazu gab es Mehlbrei. Eine Roggenähre aus dem 19. Jahrhundert zeigt im Vergleich mit einer heutigen Ähre, was durch Züchtung und Düngung erreicht wurde. Noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts bedeuteten Missernten Hungersnot, die auch Todesopfer forderte. Die Auswanderungen nach Amerika 1846 bis 49 wurden, wie landesüblich, auch von der Oberlenninger Gemeinde mitfinanziert.
Zerrissene Leinenstrümpfe, löchrige Kinderleinenschuhe, ein zerfleddertes Kinderkleid aus Leinen sind in der Latrine gefunden worden. Handspindeln und Spinnwirtel mit verschiedenen Verzierungen erinnern daran, wie noch bis vor Jahrzehnten die Mädchen und Frauen in den Lichtstuben beisammen waren. Flick- und Nähutensilien seien im ganzen Haus verstreut gefunden worden. Und ein wenig Kinder-Krimskrams kam auch aus der "Fundgrube" zutage: Tonmurmeln, Holzkreisel und Kegel, ein Gummisauger und ein Holzpüpple. Fast zu übersehen sind Papierfetzen aus einem Gebet- oder Liederbuch. Nicht in jedem Haus war eine Bibel. Doch die Sprüche und Lieder aus solchen Andachtsbüchern geleiteten die einfachen Menschen in ihren oft kargen Alltag hinein.
Der vordere Gewölbekeller im Schlössle ist ein idealer Ort für das Hausmuseum mit den Zufallsfunden. Spuren von den noblen Erbauern mögen nostalgische Gefühle wecken; die Reste der nachfolgenden Hausbewohner geben einen Einblick in jene Zeiten, als einfache Leute nicht nur ihre Suppe gemeinsam auslöffeln mussten. Erika Hillegaart
Das Hausmuseum ist wie folgt geöffnet:
- Dienstag: 11:00 Uhr bis 18:00 Uhr
- Mittwoch: 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr
- Donnerstag: 15:00 Uhr bis 19:30 Uhr
- Freitag: 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr
- Samstag: 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr
- Sonntag: 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr
Förderkreis Schlössle
Kulturinteressierte Bürger und Bürgerinnen gründeten im Jahr 1982 den "Förderkreis Schlössle". Der Förderkreis nimmt denkmalpflegerische und kulturelle Aufgaben rund um's Schlössle wahr. Lenningen und das Lenninger Tal verfügen über nur wenige historische Zeugnisse der Vergangenheit. Deshalb waren sie der Überzeugung, dass ein historisch so wertvolles Renaissance-Gebäude wie das Lenninger Schlössle erhalten, restauriert und von den Bürgern genutzt werden sollte und auch späteren Generationen als Baudenkmal gegeben werden soll. Zusammen mit der Gemeindebücherei bietet der Förderkreis mehrmals im Jahr kulturelle Veranstaltungen an. Die Mitglieder arbeiten ehrenamtlich. Mitgliedsbeiträge werden nicht erhoben.
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